martes, 9 de diciembre de 2014

Einige Wörter über “Die Wörter” (Unas palabras sobre "Las palabras")


Kurze Rezension über die Autobiographie von Jean Paul Sartre

Es ist klar, dass eine Biographie oder Autobiographie keine detaillierte chronologische Beschreibung der wichtigsten Geschehnisse aus dem Leben einer Person ist, sondern eine Erzählung über die Erlebnisse, durch welche das Wesentliche des Seins dieser Person - im Verlauf seines Lebens – geschmiedet wurde. Diese Geschehnisse könnten ein kurzes Segment des Lebens gewesen sein. Der Biograph oder Autobiograph könnte auch berücksichtigen, dass er in dieser Zeit die meisten seiner Werte, Ängste und seinen Glauben - seine Persönlichkeit - ausgebildet hat.
Das ist mir beim Lesen von “Die Wörter” klar geworden. Diese Autobiographie konzentriert sich auf die ersten 9 Lebensjahre des Schriftstellers. Die detaillierten Beschreibung dieser Jahre enthüllt jeden Ausgangspunkt der Eigenschaften dieses reifen Autobiographens. Der Schriftsteller erzählt uns, wie einige Bücher ihn in dieser Zeit beeinflusst haben. Das beschriebene Verhalten des Kindes, welches der Schriftsteller war, entspricht nicht einem 9-jährigen Kind. Es sind nur potenzielle Charaktereigenschaften (vermutlich von Figuren aus den genannten Büchern): wie tyrannisch, eigendünklerisch, virtuos, eingebildet, geduldig oder tolerant; denn diese brauchen eine gewisse Lebenserfahrung, eine Erfahrung, die dieses 9-jährige, französische Kind nicht hätte haben können.
Sartre teilt seine Autobiographie in Lesen und Schreiben. Dies sind die Grundpfeiler des Schreibens und die Grundpfeiler von Sartre als Schriftsteller. Man merkt, dass die zwei wichtigsten Geschehnisse seines Lebens das Lesen lernen und die spätere Entdeckung des Schreibens waren. Durch das Schreiben fand er einen Weg zu seinen Liebsten, da er sich wahrgenommen und geliebt fühlte, derweil er schrieb (seiner Meinung nach).
Sartre verstand, als er dieses Buch geschrieben hat, dass er (Sartre der Schriftsteller) nicht mehr sich selbst gehört hat, sondern der französische Kultur. Er hat sich in seine eigenen Werke verwandelt. Er wurde nicht nur ein Kulturerzeuger, sondern auch ein realer Teil der entsprechenden Kultur. Daher kommt es, dass „Die Wörter“ nicht nur die ersten Lebensjahre von der Person Sartre erzählt, sondern auch die von dem Schriftsteller Sartre und seiner Umgebung: die reale (mit ihren Kriegen und Regierungen) und die unwirkliche Umgebung, in welcher er die Realität durch das Prisma von Corcorán, Galoppen oder Jean de la Hire gesehen hat.
Kurz, ohne es jedoch weiter zu vertiefen, werden wir jetzt über eine musikalische Ergänzung zu unserem Thema sprechen. Claude Debussy hinterließ in Frankreich tiefe Spuren, die in der Zeit von Sartre immer noch wichtige Merkmale waren. Die musikalische Sprache von Claude Debussy spiegelt (und bitte, wir bleiben immer an der Oberfläche) einen zyklischen Verlauf der Zeit und von daher auch seine Ordnung des „Universums“ wider. Die Wiederholung und die Wiederkehr sind zwei Hauptaspekte seiner Werke (die Syntax der Debussy Werke beruht auf der Wiederholung und der Wiederkehr). „Die Wörter“ ist ein Text der alla Debussy geschrieben wurde, weil er rekurrent und wiederholend ist, aber zugleich eloquent. Er lässt keinen Satz ohne Botschaft. Es ist ein langes Buch und jede Wiederholung oder Wiederkehr, die man liest, enthält eine Funktionalität: sei es als Referenz des unerbittlichen Laufs der Zeit (die Sachen, die immer wieder in dem Leben einer Person passieren), oder wie eine Inanspruchnahme von bestimmten Werten (in der Fantasie des kleinen Sartre). Man kann die musikalische Sprache von Debussy in Sartres Autobiographie wiederfinden und interpretieren, dass Sartres Idee von Zeitwahrnehmung nicht nur sukzessiv ist, sondern auch zirkular (oder rekurrent).
Oben rechst, auf dem Deckblatt des Buches, lese ich das Wort: „Essay“ und ich frage mich, ob es wirklich Sartre gewesen ist, der seinen Text so beschildert hat. Denn wenn es so wäre, hätten wir eine neue Analyseebene des Buches: Ich würde gerne glauben, das Sartre seine Scheinautobiographie bewusst als Essay geschrieben hat, als eine Suche in einem Ideenbasar, mit einer überraschenden Endthese, da das Buch Schlagartig aufhört. Letztendlich könnte das Buch fortdauern oder schon ein paar Seiten früher zu Ende gewesen sein. Die Antwort auf die unaufhörlichen Nachforschung des Schriftstellers taucht in einer magischen Art und Weise auf und er merkt, dass es nutzlos wäre, sein Leben weiter zu erzählen, da das Wesentliche von seinem Sein, unabänderlich in der Vergangenheit liegt, so weit weg wie seine Erinnerung es ihm erlaubt, nämlich in seinen ersten 9 Lebensjahren.

Sartre merkt es genau an dem Punkt, wo er über seine zukünftige, universitäre Laufbahn, seinen Beruf und seine erste bewusste Annäherung an den Tod zu erzählen beginnt. Da wo der Mann reif wird, da wo der Charakter geschmiedet wird, da entscheidet sich Sartre aufzuhören, weil er was er suchte schon fand: den Moment, in welchem er aufgehört hat die Person Sartre zu sein, um in den Schriftsteller Sartre überzugehen.

1 comentario:

  1. Mit der Person Sartre und dem Schriftsteller Sartre wären dann zwei Rollen umrissen, die der Mensch, der hinter ihnen beiden steht, ausfüllt. Aus deiner Rezension klingt heraus, dass er diese Rollen bewusst voneinander abgesetzt hat: als eine passive, rezipierende, die von der Umgebung geprägt wird, und eine aktive, produzierende, die der Umwelt als Schriftsteller etwas gibt und sie mit formt. Interessant ist, was Sartre mit seiner "Autobiographie" künstlerisch erreicht: obwohl die Autobiographie zunächst in besonderem Maße künstlerisch-verklärend wirkt, die (fiktive) Kindheit des Autors mythologisiert, sie künstlerisch verkleidet und überhöht, also mitnichten nüchtern und sachlich wirkt, erreicht er vielleicht gerade damit eine bescheidene Entzauberung, anstatt eitle Mythen um seine Person zu spinnen. Denn im Gegensatz zu einer Biographie, die Anspruch auf Authentizität erhebt und somit zusammenhang- und sinnstiftende Mythen als Wahrheiten auftischt, hält sich eine bewusst fiktive Schilderung von persönlichen Eitelkeiten einen Sicherheitsabstand. Und mehr noch: mit der Inanspruchnahme einer (fiktiv ausgestalteten) passiven Rezipientenrolle im ersten Lebensjahrzent räumt der Autor ein, dass er von seiner Umwelt geprägt wurde, und räumt mit Genie-Mythen auf. Er beansprucht nicht, aus einer inneren gekannten Wahrheit zu berichten, sondern zeigt sich als Mittler in der Welt der Wörter seiner Zeit: einer, der nicht nur Wörter geprägt hat, sondern von Wörtern auch geprägt wurde. Künstlerisch überhöht wird diese Trennung dann durch die Einteilung von Prägung/Rezeption und Aktivität/Produktion in zwei Phasen (von denen, wenn ich es recht verstanden habe, aber nur die erste expliziten Ausdruck in "Die Wörter" findet, und die zweite eher als notwendige Konsequenz aus dieser Schilderung von dir erkannt wurde?)...

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